Die Entdeckung der Neuen Welt, wie Amerika in der europäischen Historie bezeichnet wurde, ist eine turbulente Geschichte voller Leid, Unterwerfung und Krieg. Die Pilger aus der Alten Welt, die ein neues Land sowie neue Menschen samt unbekannter kultureller Identität vorfanden, benahmen sich von Beginn an nicht gerade wie gute Gäste. Die Missionierung gipfelte in einer militärischen Auseinandersetzung, die bis 1890 ganze zwei Jahrhunderte andauerte und zur Ausrottung eines großen Teils der indianischen Urbevölkerung führte. Die Überlebenden verloren ihr Land und ihre Rechte, wurden in Reservaten untergebracht, wo sie als separater Teil der neuen Gesellschaft zumindest weiterleben durften. Doch damit fand die systematische Unterdrückung noch kein Ende, wie der bewegende Film Te Ata – Stimme eines Volkes zeigt, der das Leben und Wirken der Chickasaw-Indianerin Mary Thompson Fisher portraitiert.
Amerika – ein Kontinent, dessen echter Name niemand kennt
Nord-, Zentral- und Südamerika sind heute jedem geläufig, bereits in den ersten Schuljahren stehen die sechs Kontinente auf dem Lehrplan. In einem anderen Schulfach wird auch die Geschichte der Lander und deren Entdeckung erzählt, die tiefe Narben auf der amerikanischen Identität hinterlassen hat. Mittlerweile ist allgemein bekannt, dass Christopher Kolumbus nicht der erste weiße Mann war, der Fuß auf neues Land setze. Bereits die Wikinger besiedelten die Neufundlandhalbinsel L’Anse aux Meadows im Osten von Nordamerika viele Jahre vor dem italienischen Seefahrer, der unter spanischer Flagge segelte. Der große Ruhm, der Kolumbus einst vergönnt war, fand bereits zu seinen Lebzeiten ein Ende, da seine Reise eine völlige Irrfahrt auf der Suche nach einem neuen Seeweg nach Indien war.
Nichtwissend, dass das Erreichte nicht das eigentliche Ziel war, war die einzige logische Schlussfolgerung des nach Indien reisenden Kolumbus, dass die Inseln im Osten des südasiatischen Landes vorgelagert sein müssen. Daher kommt der Name der Westindischen Inseln, die aus mehreren mittel- und südamerikanischen Inselgruppen bestehen und im Karibischen Meer liegen. Mit der Zeit manifestierte sich die Erkenntnis, dass sowohl die Westindischen Inseln als auch das amerikanische Festland – das nach Amerigo Vespucci benannt wurde – nicht Indien sind. Heute sind die ursprünglichen Namen der Inseln sowie des Festlands, auch die Kulturen der Menschen, die einst im Einklang mit der Natur lebten, nur noch Legenden.
Die Geschichte von der Entdeckung Amerikas wurde für zu lange Zeit einseitig erzählt, immerhin schreiben nur die Gewinner eines Krieges die Bücher, die dann in den Schulen und Universitäten landen. Nachdem die Indianerkriege, welche über zwei Jahrhunderte andauerten, ein Ende fanden, begannen die Kolonialherren mit einer sozialgesellschaftlichen Reformierung. Die Ureinwohner der Neuen Welt verloren ihr Land als auch ihre Kultur, sie wurden ausgebeutet, missioniert und umerzogen. Ihr Leid fand keine Beachtung, sondern das konkrete Gegenteil war der Fall, sie waren die roten Teufel, die in Geschichten und Filmen als das Böse in Menschenform dargestellt wurden.
Der Kampf für Gerechtigkeit ist noch lange nicht vorbei
Der Wilde Westen war für eine lange Zeit die Erfolgsgarantie für Filmemacher, in dessen Mittelpunkt der melancholische US-amerikanische Mythos der Eroberung des Landes stand. Ob in knochenharten Revolverhelden-Epen mit John Wayne oder Clint Eastwood als auch in Zeichentrickfilmen für Kinder, die indigenen Völker hatten für mehr als ein Jahrhundert die Rolle des Antagonisten inne. Sie waren es, die unschuldige Pilger am Marterpfahl folterten, Frauen entführten und ganze Dörfer niederbrannten. Hollywood prägte mit dieser bewusst verfälschten Darstellung die Wahrnehmung der Menschen und schuf Angst, Missverständnis sowie Ignoranz, was sich in die Köpfe der nordamerikanische Gesellschaft festgesetzt hat.
Das traurige Resultat ist, dass laut Menschenrechtsorganisationen, die sich mit dem Umgang von Ureinwohnern befassen, Indianerinnen viermal so häufig vergewaltigt und sexuell missbraucht werden, wie es im Landesdurchschnitt üblich ist. Sie werden auch zehnmal häufiger ermordet als andere Amerikaner. Die Bewohner von Reservaten müssen sich mit der grausamen Realität auseinandersetzen, dass sie eine separate Rechtsstellung haben. Das klingt zwar nach einer Utopie, da man vermuten könnte, dass die Menschen ihre Bräuche ausleben dürften und unter sich sein können. Das war vielleicht das Ziel, ist aber nicht die Realität, sondern bedeutet lediglich, dass die Probleme des Reservats als auch dessen Bewohner nicht die Angelegenheiten des Staates sind. Missbrauch, Armut, Drogensucht, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus sind die typischen sozialen Brennpunkte in den Indianer-Reservaten, die von niemanden gesehen werden oder gehört werden wollen.
Der Pfad zu einem besseren Leben
Die Bevölkerungsgruppen, die in Reservaten von Süd- bis Nordamerika leben, haben die Wahl, ihre Kultur und Familie hinter sich zu lassen, um in einer Stadt ein anerkannter Teil der Gesellschaft zu werden oder in ihrem zugeteilten Reservat zu bleiben, wo sie kaum Bildungschancen und Perspektiven haben – sie haben also die Wahl der Qual. Der Status Quo ist noch alles andere als akzeptabel, vielerorts Indigene Völker immer noch deutlich weniger Rechte und Chancen als andere, obwohl diese die ursprünglichen Bewohner eines Landes sind.
Der Ruf nach Gerechtigkeit sowie der Anerkennung von Indigenen Völkern als auch ihren Rechten ist heute aber nicht mehr zu verleugnen. In Brasilien zeigten Indigene zusammen mit Menschenrechtsanwälten den Präsidenten Bolsonaro vor der UNO als auch dem internationalen Strafgerichtshof an. Ihre Anklage lautet, dass der ehemalige Militäroffizier zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie zum Völkermord an den 300 indigenen Völkern des südamerikanischen Landes aufruft. Auch in den USA gab es eine kleine Sensation, als die erste indigene Innenministerin Deb Haaland bestätigt wurde und nun ein Ministerium leitet, das über indigene Fragen entscheidet. Diese Position als auch das gesamte Ministerium war in der Vergangenheit ohne eine einzige indigene Person ausgekommen. Demnach entschieden Menschen über das Schicksal einer Bevölkerungsgruppe, ohne jeglichen Bezug zu ihrer Kultur, ihren Werten oder ihren realen Problemen zu haben.
Der Weg ist noch weit und von vielen kleinen und großen Hindernissen geprägt, dennoch lohnt sich der Aufwand. Ein Blick zurück in die Zeit zeigt, dass man Menschen nicht für immer unterdrücken kann. Früher oder später kommt der Zeitpunkt, an dem Ungerechtigkeit, sei es Apartheit, Rassismus, Antisemitismus oder der Umgang mit indigenen Völkern, keinen Halt mehr in der breiten Gesellschaft findet. Das zeigt auch die rührende Geschichte von Te Ata – Stimme eines Volkes, den Du jetzt auf maona.tv – der TV-Sender mit Sinn! in voller Länge sehen kannst. Der Film porträtiert das Leben der bis dato einflussreichsten indianischstämmigen Schauspielerin Mary Frances Thompson, deren größter Traum es war, allen kulturellen Barrieren zum Trotz auf dem Broadway aufzutreten und dem Publikum ihre Herkunft und Traditionen nicht zu verheimlichen.
Das Werk des preisgekrönten kanadischen Regisseur Nathan Frankowski zeigt auf unvergleichliche Art und Weise, wie wichtig es ist, alle Menschen sprechen und singen zu lassen, denn man weiß nie, welche wunderbaren Geschichten sie uns erzählen werden.
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